Re: Sure 9:5 Töte Ungläubige

Die Ewige Religion

Geschrieben von Iman am 14. Juni 2002 06:39:41:

Als Antwort auf: Re: Sure 9:5 Töte Ungläubige geschrieben von Thomm am 13. Juni 2002 08:30:18:

Hallo Thomm,

damit will ich sagen, dass eine Aussage entweder eine grundsaetzliche Regel enthalten kann oder sich aber auf ein bestimmtes historisches Ereignis und nur dieses bezieht. Wenn der Grundsatz des Islam Frieden ist und die Grundregel, nicht zu toeten, kann eine Erlaubnis zum Toeten nur eine Ausnahme der Regel darstellen. Und diese Ausnahme gibt es selbstverstaendlich. So zB im notwendigen Verteidigungsfall, sei es im Krieg, sei es bei einem Angriff unter Privatpersonen.

Es wuerde zu weit fuehren, hier die kompletten Koranwissenschaften behandeln zu wollen, nur soviel: jede Offenbarung hatte einen Anlass. Viele Offenbarungen bezogen sich unmittelbar auf historische Ereignisse. Einige enthalten Grundregeln, andere Einzelfallregeln, wieder andere sind Geschichten, Gleichnisse, Beispiele. Die jeweilige Textstelle richtig verstehen und einordnen zu wollen, erfordert ein grosses Mass an Wissen ueber all die Zusammenhaenge und die Kenntnis der arabischen Sprache. Es gibt mehrere missverstaendliche Textstellen ind iesem Zusammenhang. Dazu habe ich in einem anderen Forum schon mal was geschrieben , ich kopiere Dir den Text hier rein, die Angaben in Klammern beziehen sich auf den jeweiligen Korankommentator:

Die genannten Textstellen beziehen sich auf eine bestimmte geschichtliche Situation, auf einen sich bereits im Gange befindlichen (!) Krieg zwischen der noch jungen islamischen Gemeinde und den mekkanischen Gegnern.

Keinesfalls sind diese Stellen so zu verstehen, dass man als Muslim wahllos durch die Gegend laufen und jeden ergreifen und morden sollte, den man für einen götzendiener hält -wie will man das auch herausfinden?

Alle Regeln und Gesetzte des Koran sind im Gesamtzusammenhang und unter Beachtung der wesentlichen Grundsätze zu interpretieren (so wie jedes deutsche Gesetz, jede Vorschrift im Lichte des Grundgesetzes auszulegen ist). Einer dieser wesentlichen Grundsätze ist, dass der Islam Krieg grundsätzlich verbietet, erlaubt ist lediglich die Selbstverteidigung bzw. das Vorgehen gegen ein unterdrückerisches und menschenverachtendes System.

Das islamische Verbot zu töten bezieht sich selbstverständlich auf jedermann, nicht nur auf Muslime und Schriftbesitzer, sondern auf jeden Menschen.

Aus der Berücksichtigung all dieser Grundsätze und des Offenbarungsalasses geht also klar hervor, dass diese Verse sich auf ein bestimmtes historisches Ereignis beziehen.


"Ausser denjenigen, die sich einem Volk anschliessen, wo zwischen euch und ihnen ein Buendnis besteht oder jenen, die zu euch kommen, weil ihre Herzen sie davon abgehalten haben, euch zu bekaempfen oder ihr volk zu bekaempfen. Und wenn Allah gewollt haette, dann haette er sie dazu ermaechtigt, euch zu bekaempfen. Wenn sie sich von euch fernhalten und euch nicht bekaempfen und euch Frieden anbieten, dann hat Allah euch nciht erlaubt, gegen sie vorzugehen."
(4:90)

Dieser Vers gibt zwei Ausnahmen von der im vorigen Vers erwaehnten Strafe fuer Hochverrat: einmal, wenn der Deserteur in einem Stamm Zuflucht findet, mit dem ein Friedensvertrag besteht und einmal, wenn der Verraeter von sich aus nicht den Wunsch hegt, mit Waffengewalt gegen den Islam vorzugehen. (Y.Ali)

Der letzte Satz richtet sich an die Muslime, die mit der Gnade gegen Verraeter nicht einverstanden sind. Diese Gnade ist jedoch von Allah und dient dazu, den Kampf zu beenden. (S.Qutb)

"Und kaempft gegen sie, bis es keine Verfolgung mehr gibt und aller GLaube auf Allah gerichtet ist. Sollten sie aber aufhoeren, dann sieht Allah wahrlich was sie tun" (8:39)

Dieser Vers bezieht sich auf die Bekaempfung und Abschaffung von menschlichem Unrecht und Terrorregimen. (S.Qutb, Y.Ali) Lassen die Unterdruecker und Goetzendiener von ihrem Tun ab, dann ist es an Allah, ueber sie zu richten. Feindseligkeiten von menschlicher Seite sind untersagt. (Y.Ali)

"Doch wenn die heiligen Monate vorueber sind, dann toetet die Goetzendiener wo immer ihr sie findet. ..." (9:5)

Nach M.Asad und Daryzbadi bezieht sich dieser Vers, der im Zusammenhang mit 2:190-194 zu sehen ist, auf einen bereits bestehenden Kriegszustand mit denjenigen, die eine Abmachung mit den Muslimen hatten und diese gebrochen und einen Angriff durchgefuehrt haben.
Es ist kein allgemeiner Kampfaufruf oder Aufruf zu einem Angriffskrieg.

In demselben Licht sind auch die von Dir erwaehnten Verse (9:29,123) zu verstehen. Die Kommentatoren weisen darauf hin, dass die Verse im Zusammenhang mit dem Grundprinzip zu betrachten sind, dass alle koranischen Aussagen einander ergaenzen und nur richtig verstanden werden keonnen, wenn man sie als Teil eines integrierten Ganzen betrachtet. Das bedeutet fuer diese Verse insbesondere die Beachtung des Gebotes, dass Krieg nur im Verteidigungsfall erlaubt ist, wenn also aggressive Handlungen gegen die muslimische Gemeinschaft vorliegen (M.Asad).


Iman





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